Donnerstag, 19. März 2009

Neue Risiken bei der HSH Nordbank

Die angeschlagene HSH-Nordbank plant, Schiffsfinanzierungen zum wesentlichen Standbein ihrer zukünftigen Strategie zu entwickeln.

Angesichts der aktuellen Entwicklung der Charterraten sind diese Pläne gewagt.


Geht die HSH Nordbank mit ihren Schiffsfinanzierungen baden ?


Die Hamburgische Bürgerschaft hat in den nächsten Wochen weitreichende Entscheidungen zu fällen. Es muss darüber entschieden werden, ob der HSH Nordbank, vormals Hamburgische Landesbank, umfangreiche finanzielle Unterstützung in Form einer Kapitalspritze von 3,5 Milliarden Euro und Bürgschaften in Höhe von insgesamt 10 Milliarden Euro von Hamburg und Schleswig-Holstein gewährt werden.



Das traditionelle Geschäft der Schiffsfinanzierungen galt bis vor wenigen Wochen noch als eine tragende Stütze des Konzerns. Die Verluste der HSH Nordbank im Bilanzjahr 2008 resultierten hauptsächlich aus anderen Geschäftsfeldern.



Nach einer stabilen Phase von Ende 2002 bis Ende 2008 erlebte der Chartermarkt für Containerschiffe einen starken Absturz. Die Charterraten für ein mittelgroßes 2.500 TEU Containerschiff sind von durchschnittlichen 20.000 USD pro Tag auf ca. 7.000 USD pro Tag gefallen.



Diese Mindereinnahmen werden sich auch auf die finanzielle Situation der beteiligten Banken auswirken. Folgende Kalkulation im Martktsegment der Containerschifffahrt stellt die Zusammenhänge dar.



Bis Ende 2008 erzielte ein 2.500 TEU Containerschiff zum Kaufpreis von 50 Millionen USD bei 350 Einsatztagen jährliche Einnahmen von 7 Millionen USD.


Damit konnten die Betriebskosten in Höhe von 2 Millionen USD, die Zinsen für die Schiffshypothekendarlehen in Höhe von 1,5 Millionen USD, sowie die Tilgung von 2 Millionen USD geleistet werden. Der verbleibende Überschuss in Höhe von 1,5 Millionen USD erlaubte 7% Ausschüttung an die Anleger oder die Linienreederei.



Jedoch auf Basis der aktuellen täglichen Charterrate von 7.000 USD ergeben sich jährliche Einnahmen von 2,45 Millionen USD. Dieser Ertrag deckt die Betriebskosten und ein Drittel der fälligen Zinsen. Zwei Drittel der Zinsen können nicht geleistet werden. Auch die Tilgungsleistung in Höhe von 2 Millionen USD kann nicht erbracht werden.


Die mittelfristigen Perspektiven für den Chartermarkt bleiben schlecht. Schon heute liegen 10% der weltweiten Containerflotte auf Reede. Das bedeutet, diese Schiffe erwirtschaften ausschließlich Kosten. Für den Zeitraum von 2009 bis 2011 wird sich weltweit ein Zuwachs der Flottenkapazität von jährlich 15% ergeben. Auch unter Berücksichtigung der Abwrackungen und eines Ladungszuwachs von jährlich 8% erhöht sich die nicht beschäftigte Tonnage jährlich um 5%.



Die anstehende Entscheidung der Bürgerschaft sollte diese Entwicklungen nicht unberücksichtigt lassen. Der Bürgerschaft liegen Zahlen für 2008 vor, in der die oben gezeigte Problematik nicht zu erkennen ist. Eine Entscheidung auf Basis der veralteten Zahlen, wäre für die beteiligten Länder und damit auch für die Steuerzahler gravierend.



Da die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein für bis 2005 abgeschlossene Verträge der vormaligen Landesbanken für einen langen Zeitraum in der Gewährträgerhaftung stehen, stellt sich die Frage, wie eine für den Steuerzahler gute Lösung darstellbar sein soll.



Angesichts der gezeigten Risiken, sollte die Option einer geordneten Abwicklung der HSH Nordbank und die Ansiedlung ihrer wichtigen Geschäftsfelder bei den Sparkassen und Volksbanken geprüft werden.

Dienstag, 17. März 2009

Männlich - jugendlich - verdächtig

In dem im Hamburger Osten gelegenen Stadtteil Bergedorf wurden weite Teile der Innenstadt und ein großer Teil eines Neubaugebietes zum Gefahrengebiet erklärt.Innerhalb dieses Bereichs dürfen Ordnungshüter Personen anhalten, befragen, durchsuchen und deren Identität feststellen. Die Daten der Kontrollierten werden für drei Monate gespeichert. Diese Maßnahmen können verdachtsunabhängig geschehen. Allein der Aufenthalt im Gefahrengebiet berechtigt die Polizei zu diesen Kontrollen.


Jugendliche im Schlosspark Bergedorf. Friedliches Miteinander oder potenzielle Straftäter ?

In Bergedorf gehen die Meinungen auseinander. Die Polizei betont den präventiven Charakter dieser Maßnahme. Vorher kontrollierte Jugendliche würden von Straftaten abgehalten werden. Was mit den gespeicherten Daten ihrer Kinder passieren wird, fragen sich deren Eltern. Die Fraktionen der GAL und der Linken in der Bezirksversammlung bezweifeln die Zulässigkeit von verdachtsunabhängigen Personenkontrollen.

Bezirksamtsleiter Dr. Christoph Krupp (SPD) verteidigt die Regelung, indem er sich auf das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit beruft.

Kontrolliert werden hauptsächlich männliche Jugendliche. Nicht das Verhalten, sondern die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe genügt, um als verdächtig zu gelten.

Die Einrichtung des Gefahrengebietes wurde durch eine Polizeirechts-Novelle aus dem Jahr 1995 ermöglicht. Andernorts ist eine Kontrolle nur bei einem konkreten Verdacht gestattet. Eine verdachtsunabhängige Kontrolle war zuletzt nach dem Preußischen Polizeigesetz von 1851 zulässig. Dieses allerdings erst nach Ausrufung des Belagerungszustands.

Die Vorstellung, jederzeit ohne konkreten Grund angehalten, untersucht und befragt zu werden, bereitet mir Unbehagen. Die schleichende Aushöhlung des rechtsstaatlichen Prinzips der Unschuldsvermutung besorgt mich. Einmal war ich Zeuge einer verdachtsunabhängigen Kontrolle. Wie sich die betroffenen Jugendlichen gefühlt haben mögen, welches Verständnis sie zu Polizei und Staat haben, kann ich nur erahnen.

____________________________________
Google Map des Gefahrengebiets

Samstag, 14. März 2009

Staatliche Überwachung ohne Grenzen

Die Möglichkeiten und Grenzen der staatlichen Überwachung ist ein Thema, das in der letzten Zeit an Raum gewonnen hat. Zielscheibe der Kritik in vielen Blogs und Kommentaren ist wiederholt der Bundesminister des Innern Dr. Wolfgang Schäuble.

Sein Staatssekretär August Hanning erklärt in einem Interview mit der taz die aktuelle Politik des Ministeriums.

Auf die Frage, ob es einen Schutz der Privatsphäre geben soll, in die der Staat verlässlich nicht hereinschauen darf, antwortet Herr Hanning: „Natürlich nicht. Wenn man ein Vakuum lässt, ist klar, dass dies zur Verabredung von Verbrechen genutzt wird. Kein Rechtsstaat der Welt wird sich Bereiche leisten, die jeglicher staatlicher Überwachung entzogen sind.“


Einen überwachungsfreien Raum definiert er als einen Raum, in dem die Gesetze nicht gelten. Wenn es darum geht, Opfer von möglichen Anschlägen zu schützen, hält er auch das Abhören und Filmen von Toiletten für sinnvoll.


„Området är TV-övervakat“ Trollhättan, Juli 2004

Unsere Aufmerksamkeit sollte sich nicht ausschließlich auf die Politiker im Rampenlicht konzentrieren. Vielmehr ist es notwendig, auch jene zu beachten, die im Hintergrund die politische Richtung vorgeben.

Ein Leitspruch des Ministeriums lautet:„Kernaufgabe des Bundesministeriums des Innern ist es, allen Bürgern ein Leben in Sicherheit und Freiheit zu gewährleisten.“
Seien wir wachsam, damit Sicherheit und Freiheit nicht gegeneinander ausgespielt werden.



Freitag, 6. März 2009

Laborzwischenfall - Knapp an der Katastrophe vorbei

Experten befürchten schon lange, dass Vogelgrippe-Viren vom Typ H5N1 sich mit menschlichen Grippe-Viren vom Typ H3N2 kreuzen könnten. Dabei würde ein neues Grippe-Virus entstehen, dass für das menschliche Immunsystem völlig unbekannt ist und auf eine ungeschützte Bevölkerung treffen wird.

Ein solches Virus könnte sich in kurzer Zeit über die ganze Welt verbreiten und Millionen Menschen lebensgefährlich infizieren. Die Pandemie wäre Wirklichkeit.

Das amerikanische Pharmaunternehmen Baxter hat in Europa mehrere Labore mit dem Erreger der Vogelgrippe verseucht. Nach neusten Angaben scheinen die Erreger aus den USA über die Österreichische Firma
Avir Green Hills Biotechnology am 30.01.2009 an weitere vier Unternehmen verteilt worden sein. Darunter auch nach Deutschland, Slowenien und Tschechien, wo dieser im Tierversuch an Frettchen getestet werden sollte.
Die Proben seien versehentlich mit dem H5N1 Virus kontaminiert worden und stammten aus dem Baxter-Werk in Deerfield, Illinois, so berichtet das Wissenschaftsforum Aviäre Influenz in einer
Pressemitteilung vom 22.02.2009.
Möglicherweise handelt es sich um eine folgenschwere Verwechslung bzw. Vermischung der gelieferten H5N1 und H3N2 Chargen.

Im Rahmen der Tierversuche in Tschechien begannen die Frettchen Krankheitssymptome zu zeigen und einige der Tiere starben. Der aus Österreich gelieferte Impfstoff wurde untersucht und eine Kontamination mit dem auch für Menschen gefährlichen Vogelgrippe-Erreger H5N1 festgestellt.
13 Labormitarbeitern der Biotest Ltd., welche über einen Zeitraum von annähernd einer Woche im Rahmen ihrer Arbeit Kontakt zu dem hoch pathogenen Erreger hatten, wurden vorsorglich antivirale Medikamente verabreicht. Zu einer Infektion des Laborpersonals kam es offenbar nicht.

In einer
Meldung des Presse- und Informationsdienstes der Stadt Wien vom 11.02. heißt es, dass im Wiener Otto-Wagner-Spital, Zitat: „18 MitarbeiterInnen eines externen Unternehmens ambulant behandelt [wurden], da vorerst nicht ausgeschlossen werden konnte, dass sie im Rahmen ihrer Arbeit mit einem Vogelgrippe-Erreger in Kontakt gekommen seien.“

Inzwischen haben sich in Europa österreichische, deutsche und tschechische Behörden eingeschaltet, auch die Weltgesundheitsorganisation WHO hat den Fall im Visier.

Dieser Laborzwischenfall wurde mittlerweile als „Biological Hazard“ vom EDIS („Emergency and Desaster Service“) unter der Kennung BH-20090217-20552-CZE gelistet. Avir Green Hills hat in einer
Stellungnahme bekannt gegeben, dass zu keinem Zeitpunkt Gefahr für Bevölkerung oder Umwelt bestand.
Baxter sah sich bislang zu keiner öffentlichen Stellungnahme genötigt.

In einem
Interview mit Lifegen.de spricht Frau Jutta Brenn-Vogt (Manager Communications Baxter Deutschland) von einer einmaligen Kombination von Prozessen, technischen und menschlichen Fehlern als Ursache für den Vorfall.

"The root cause of the incident has been identified. It was due to a unique combination of process, technical and human error in a procedure used for this specific research project in our facility in Austria (Orth)."

Hat Baxter seine Sicherheitsvorkehrungen im Griff ?

Zu Beginn der 1980er Jahre traten weltweit Infektionen durch HIV-kontaminierte Blutprodukte auf. Mehrere tausend Bluter weltweit wurden durch Medikamente mit dem HI-Virus
infiziert. Tausende starben an den Folgen von AIDS.
Die meisten der weltweit vertriebenen HIV-kontaminierten Medikamente stammten aus den USA. Hergestellt und vertrieben wurden sie von den Firmen Armour, Cutter Biological (einer Tochter von Bayer), Alpha und Baxter.

Es muss die Frage gestellt werden, ob die staatlichen Aufsichtsbehörden zu viel Kompetenz in die Hände der pharmazeutischen Industrie gegeben haben und dadurch den Schutz der Bevölkerung vernachlässigen.

Folgendes sollte die Behörden in den USA und Europa alarmieren:
Hoch pathogene Virenproben werden von einen Pharmazeutischen Betrieb an den anderen rund um die Welt gesendet.
Die Betriebe haben ihrerseits Unterverträge mit anderen Unternehmen, bei denen nicht sichergestellt ist, dass diese für den Umgang mit den tödlichen Viren angemessen ausgestattet sind.
Auch durch die unklaren Wege der Verteilung der Viren kann eine sichere Kontrolle des Verbleibs nicht gewährleistet werden. Die daraus resultierenden Sicherheitsmängel können eine neue Bedrohung durch Bioterrorismus bedeuten.

Fraglich ist, warum der Vorfall in Tschechien nur wenig mediale Aufmerksamkeit gefunden hat. Eine mögliche Erklärung ist die in den letzten Wochen breit angelegte Kampagne, mit der Aufforderung an die Bevölkerung sich vermehrt Impfen zu lassen. Die Bekanntmachung der Vorfälle wäre Wasser auf die Mühlen der Impfgegner und ein Verlust für die Hersteller von Impfstoffen. Der Aktienkurs von Baxter ist in den zwei Tagen nach bekanntwerden der Vorfälle um 8% gesunken.

Ebenso ist es möglich, dass die verantwortlichen Behörden das Problem als so schwer einstufen, dass ihnen nicht daran gelegen ist, die Bevölkerung zu informieren.Wie die taz am 21.02.2009
berichtet, empfehlen Beamte im Hause von CSU-Verbraucherministerin Ilse Aigner jedem Bürger, stets einen Vorrat von Lebensmitteln für 14 Tage im Haus zu haben. Dabei berufen sie sich auf mögliche Versorgungsengpässe auf Grund der Finanzkrise.

Die Vorfälle zeigen deutlich, dass die Sicherheit der Bevölkerung nicht gewährleistet ist. Vielmehr zeigen sich Gefahren, deren Auswirkungen auf die Gesundheit und das Leben der Weltbevölkerung momentan nur erahnen lassen.